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CJD Nürnberg

„Die Integration wird blockiert“

06.03.2017 CJD Nürnberg « zur Übersicht

Durch die neuesten Maßgaben der Bundesregierung geraten tausende Minderjährige in eine prekäre Situation. Dadurch wird außerdem auch noch den Sozialträgern, die sich in der Migrationsarbeit engagieren, der Teppich unter den Füßen weggezogen.  

„Mit der neuesten Entscheidung der Bundesregierung, nur noch in Ausnahmefällen Ausbildungsverträge für Flüchtlinge zu genehmigen, die nicht aus Syrien, Iran, Irak, Eritrea oder Somalia kommen, bricht für viele junge Flüchtlinge die Grundlage einer dauerhaften Integration weg“, erklärt Sandra Grau vom Christlichen Jugenddorfwerk Deutschlands e.V. (CJD). Das betreffe vor allem Afghanen, gegen die aktuell in verschiedenen Bundesländern verstärkt mit Abschiebung vorgegangen wird. Seit Beginn des Jahres werde Asylbewerbern nur noch in Ausnahmefällen eine Beschäftigungserlaubnis erteilt. Die ist für einen Ausbildungsvertrag jedoch zwingend notwendig.

Für Sandra Grau, die seit Jahren im Migrationsbereich tätig ist, scheint es klar, dass so im Umgang mit minderjährigen Flüchtlingen aus Ländern mit schlechter Bleibeperspektive auf eine neue Linie eingeschwenkt werde. Bisher war ihre Integration auch durch so genannte SGB II- und SGB III-Maßnahmen abgesichert. Nun ist es Sozialträgern wie dem CJD plötzlich nicht mehr erlaubt, Jugendliche auf dieser Basis zu betreuen. „Diese Entwicklung war überhaupt nicht vorherzusehen“, betont Sandra Grau, die für mehrere bayerische Einrichtungen verantwortlich ist, in denen junge Flüchtlinge leben, etwa im Haus Esperanto in Auerbach. Dort wohnen 17 afghanische Jugendliche. „Wer von ihnen jetzt volljährig wird, verliert meist sofort seine Aufenthaltsgenehmigung“, so Sandra Grau. „Da das BAMF auch keinen subsidiären Schutz mehr zulässt, sind sie unmittelbar von Abschiebung bedroht. Die ganze Integration durch Sprachkurse, Schulbesuch und andere Maßnahmen ist damit völlig umsonst. Wir fragen uns schon, wozu wir überhaupt arbeiten.“

Die Frustration ist den Jugendlichen und den Betreuern deutlich anzumerken. Alle Anstrengungen der jugendlichen Flüchtlinge, in Deutschland Fuß zu fassen, laufen ins Leere. Bisher hätten Sie nach Abschluss einer dreijährigen Ausbildung zwei Jahre Zeit gehabt, eine sozialversicherungspflichtige Arbeit zu finden und damit die reelle Aussicht auf einen dauerhaften Aufenthalt. „Wenn sie aber nicht einmal eine Ausbildung beginnen dürfen, ist diese Hoffnung auch dahin“, erklärt Sandra Grau.

Wie schnell und gut Integration gelingen kann, wenn sie nur zugelassen wird, zeigen in diesen Tagen zwei junge Afghanen aus dem Haus Esperanto. Nach nur einem Jahr Vorbereitung absolvieren sie erfolgreich die Prüfung zum Mittleren Schulabschluss. Doch für Sandra Grau ist klar: „Angesichts der Sprunghaftigkeit der deutschen Asylpolitik werden sich viele Sozialträger in Zukunft genau überlegen, ob sie sich überhaupt noch in diesem Bereich engagieren. Und dass bedeutet, dass alle Seiten verlieren.“